Biosignal Lab – Digitale Biomarker für die kardiovaskuläre Gesundheit
Wir entwickeln neue digitale Werkzeuge für die Kardiologie. Aus Signalen wie hochauflösendem EKG oder Smartphone-Sensorik entwickeln wir mithilfe von KI und anderen Analyseverfahren Biomarker, die bei Früherkennung, Risikoeinschätzung und Verlaufskontrolle unterstützen. Ein Schwerpunkt liegt auf dem autonomen Nervensystem und seiner Rolle für die Regulation von Herz und Kreislauf.
Wir suchen laufend motivierte Mitarbeiter:innen und Diplomand:innen – Interessierte können sich gerne unter Michael.Schreinlechner@i-med.ac.at melden.
Aktuelle Forschungsschwerpunkte
Austrian Digital Heart Program (ADHP)
Das Austrian Digital Heart Program (ADHP) mit seiner App Pulskontrolle zählt zu den größten digitalen Forschungsvorhaben in Österreich. Ziel ist es, neue Ansätze für die Früherkennung und individualisierte Behandlung von Vorhofflimmern zu entwickeln.
Digitale Strategien eröffnen hier vielversprechende Möglichkeiten: Smartphones ermöglichen dank ihrer weiten Verbreitung die frühzeitige Erkennung von Vorhofflimmern – und damit eine rechtzeitige Behandlung zur Schlaganfallprävention.
Kern des Projekts ist eine digitale, zentrumlose, randomisierte Studie mit 100.000 Teilnehmer:innen. Neben der Entwicklung einer Screening- und Begleit-App verfolgt Pulskontrolle das übergeordnete Ziel, Schlaganfälle zu verhindern: Durch frühzeitiges Erkennen und Behandeln von Vorhofflimmern soll das Schlaganfallrisiko gesenkt und Todesfälle vermieden werden.
Darüber hinaus leistet das Projekt einen Beitrag zur digitalen Weiterentwicklung der medizinischen Versorgung in Österreich, um den Zugang für möglichst viele Menschen zu erleichtern. Gefördert wird es vom Bundesministerium für Frauen, Wissenschaft und Forschung sowie von der Ludwig Boltzmann Gesellschaft.
SMART VALVE – Digitale Früherkennung von Herzklappenerkrankungen
Herzklappenerkrankungen zählen zu den häufigsten und schwerwiegendsten Herzproblemen im höheren Lebensalter. Besonders die Aortenklappenstenose bleibt oft lange unentdeckt, da sich Beschwerden erst im späten Krankheitsstadium zeigen – mit teils lebensbedrohlichen Folgen. Wird sie jedoch frühzeitig erkannt, stehen heute sehr gute Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung.
Bislang lässt sich eine Aortenklappenstenose nur mit Echokardiographie zuverlässig diagnostizieren. Diese Untersuchung ist jedoch aufwendig und erfordert spezialisiertes Fachpersonal. Eine leicht zugängliche Screening-Methode existiert derzeit nicht.
Das Forschungsprojekt SMART VALVE prüft, ob handelsübliche Smartphones für einen Herzklappencheck genutzt werden können. Ihre eingebauten Sensoren – Mikrofone und Bewegungssensoren – erfassen Herzgeräusche und minimale Vibrationen des Brustkorbs. Mithilfe spezieller Signalverarbeitung und KI-Algorithmen wird untersucht, ob sich daraus verlässliche Hinweise auf eine Aortenklappenstenose gewinnen lassen.
Etwa 500 Patient:innen mit und ohne Herzklappenerkrankung werden an der klinischen Studie teilnehmen. Ziel ist es, die Smartphone-Messung mit etablierten Verfahren wie der Echokardiographie zu vergleichen. Sollte sich der Ansatz bewähren, könnte ein einfacher, digitaler Herzcheck von zuhause aus möglich werden – kostengünstig, niederschwellig und für viele Menschen potenziell lebensrettend.
Gefördert wird es vom Österreichischen Wissenschaftsfond FWF.
Digitale EKG-basierte Biomarker: Periodic repolarization dynamics (PRD) und Deceleration capacity (DC)
Zwischen Herz und Nervensystem besteht eine enge, klinisch hochrelevante Verbindung. Mit modernen Analyseverfahren lassen sich diese Wechselwirkungen präzise erfassen. Zwei selbst entwickelte, EKG- basierte, digitale Biomarker sind Periodic Repolarization Dynamics (PRD) und Deceleration Capacity (DC).
PRD misst Sympathikus-sassoziierte Oszillationen der ventrikulären Repolarisation im hochauflösenden EKG. Erhöhte PRD-Werte sagen nach Herzinfarkt und unter Belastung das Risiko für kardiale Ereignisse und Mortalität voraus und ergänzen etablierte Risikomarker.
DC beschreibt die vagal vermittelte Fähigkeit des Herzens, die Frequenz zu verlangsamen. Ein niedriger DC-Wert erwies sich in großen Postinfarkt-Kohorten als starker Prädiktor der Gesamtmortalität – unabhängig von klassischen Parametern wie Ejektionsfraktion oder Herzfrequenzvariabilität.
Im Rahmen des VASCAGE-Projekts werden diese Biomarker bei Patient:innen mit akutem Schlaganfall untersucht, in enger Zusammenarbeit mit der Universitätsklinik für Neurologie Innsbruck. Die prognostische Aussagekraft dieser Parameter ist in zahlreichen internationalen multizentrischen Studien wie MADIT-II, SMART-MI, EU-CERT und DANISH validiert. Ziel ist es, die komplexe Rolle des autonomen Nervensystems für Herz-Kreislauf-Erkrankungen besser zu verstehen und neue Wege für Prävention, Risikostratifikation und Therapie zu eröffnen.
Big Data & AI-ECG-Age
Im Projekt Big Data entwickeln wir Methoden, um digitale Biomarker aus großen Datenmengen systematisch nutzbar zu machen. Ein Schwerpunkt ist das Projekt AI-ECG-Age, in dem mithilfe Künstlicher Intelligenz aus einem konventionellen 12-Kanal-EKG ein biologisches Herzalter abgeleitet wird. Zentral ist hier das sogenannte Δ-age – die Differenz zwischen KI-geschätztem und chronologischem Alter. In einer großen Innsbrucker Kohorte von 48.950 Patientinnen und Patienten zeigte ein positives Δ-age ein deutlich erhöhtes Sterberisiko, während ein negatives Δ-age mit einem geringeren Risiko verbunden war. Zudem verbessert Δ-age die Risikoklassifikation im Langzeitverlauf und liefert erklärbare Hinweise auf die Rolle atrialer Erregungsvorgänge.
Darüber hinaus setzen wir Large Language Models (LLMs) ein, um umfangreiche klinische Datenbestände strukturiert und sinnvoll aufzubereiten. Ziel ist es, digitale Biomarker mit modernsten KI-Verfahren zu kombinieren, um die Risikoprädiktion zu verbessern, Hochrisikopersonen frühzeitig zu identifizieren und Therapien individueller zu steuern. Langfristig sollen so neue Wege für eine personalisierte digitale Kardiologie eröffnet werden.
Smartphone basierte digitale Biomarker: Das CardioMosaic Projekt
Im Projekt CardioMosaic wird untersucht, ob Stimme, Sprache, Mimik und Gestik Rückschlüsse auf kardiovaskuläre Erkrankungen zulassen. Die Erhebung erfolgt per Smartphone unter standardisierten Bedingungen: Patientinnen und Patienten lesen einen vordefinierten Text und sprechen einzelne Vokale, um vergleichbare Aufnahmen zu gewährleisten. Analysiert werden dabei sowohl Sprache und Sprechfluss als auch visuelle Biomarker wie Lidschluss oder Bewegungen der mimischen Gesichtsmuskulatur. Veränderungen in diesen Parametern könnten auf eine fortschreitende Herzinsuffizienz hinweisen.
CardioMosaic wird in enger Zusammenarbeit mit dem SMART-Valve-Projekt und dem Digital Cardiology Lab durchgeführt. Ziel ist die Entwicklung digitaler Biomarker für Screening, Verlaufsbeobachtung und Risikostratifizierung – mit der Perspektive, dass Patientinnen und Patienten diese Messungen künftig selbstständig zu Hause vornehmen können.
Team
- Univ.-Prof. Dr. med. Axel Bauer
Arbeitsgruppenleiter - Dr. Michael Schreinlechner
Oberarzt - Dr. Theresa Dolejsi, PhD
Assistenzärztin - Dr. Florian Hofer
Assistenzarzt - Dr. Daniel Pavluk
Assistenzarzt - Kristin Tessadri
Technische Assistentin
Ausgewählte Publikationen
- Bauer A, Sappler N, von Stülpnagel L, Klemm M, Schreinlechner M, Wenner F, Schier J, Al Tawil A, Dolejsi T, Krasniqi A, Eiffener E, Bongarth C, Stühlinger M, Huemer M, Gori T, Wakili R, Sahin R, Schwinger R, Lutz M, Luik A, Gessler N, Clemmensen P, Linke A, Maier LS, Hinterseer M, Busch MC, Blaschke F, Sack S, Lennerz C, Licka M, Tilz RR, Ukena C, Ehrlich JR, Zabel M, Schmidt G, Mansmann U, Kääb S, Rizas KD, Massberg S; SMART-MI-DZHK9 investigators. Telemedical cardiac risk assessment by implantable cardiac monitors in patients after myocardial infarction with autonomic dysfunction (SMART-MI-DZHK9): a prospective investigator-initiated, randomised, multicentre, open-label, diagnostic trial. Lancet Digit Health. 2022 Feb;4(2):e105-e116. doi: 10.1016/S2589-7500(21)00253-3.
- Freyer L, von Stülpnagel L, Spielbichler P, Sappler N, Wenner F, Schreinlechner M, Krasniqi A, Behroz A, Eiffener E, Zens M, Dolejsi T, Massberg S, Rizas KD, Bauer A. Rationale and design of a digital trial using smartphones to detect subclinical atrial fibrillation in a population at risk: The eHealth-based bavarian alternative detection of Atrial Fibrillation (eBRAVE-AF) trial. Am Heart J. 2021 Nov;241:26-34. doi: 10.1016/j.ahj.2021.06.008. Epub 2021 Jul 9.
- Boas R, Sappler N, von Stülpnagel L, Klemm M, Dixen U, Thune JJ, Pehrson S, Køber L, Nielsen JC, Videbæk L, Haarbo J, Korup E, Bruun NE, Brandes A, Eiskjær H, Thøgersen AM, Philbert BT, Svendsen JH, Tfelt-Hansen J, Bauer A, Rizas KD. Periodic Repolarization Dynamics Identifies ICD Responders in Nonischemic Cardiomyopathy: A DANISH Substudy. Circulation. 2022 Mar 8;145(10):754-764. doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.121.056464. Epub 2021 Dec 10.
- Bauer A, Schreinlechner M, Sappler N, Dolejsi T, Tilg H, Aulinger BA, Weiss G, Bellmann-Weiler R, Adolf C, Wolf D, Pirklbauer M, Graziadei I, Gänzer H, von Bary C, May AE, Wöll E, von Scheidt W, Rassaf T, Duerschmied D, Brenner C, Kääb S, Metzler B, Joannidis M, Kain HU, Kaiser N, Schwinger R, Witzenbichler B, Alber H, Straube F, Hartmann N, Achenbach S, von Bergwelt-Baildon M, von Stülpnagel L, Schoenherr S, Forer L, Embacher-Aichhorn S, Mansmann U, Rizas KD, Massberg S; ACEI-COVID investigators. Discontinuation versus continuation of renin-angiotensin-system inhibitors in COVID-19 (ACEI-COVID): a prospective, parallel group, randomised, controlled, open-label trial. Lancet Respir Med. 2021 Aug;9(8):863-872. doi: 10.1016/S2213-2600(21)00214-9. Epub 2021 Jun 11.
- Bauer A, Klemm M, Rizas KD, Hamm W, von Stülpnagel L, Dommasch M, Steger A, Lubinski A, Flevari P, Harden M, Friede T, Kääb S, Merkely B, Sticherling C, Willems R, Huikuri H, Malik M, Schmidt G, Zabel M; EU-CERT-ICD investigators (2019)
Prediction of mortality benefit based on periodic repolarisation dynamics in patients undergoing prophylactic implantation of a defibrillator: a prospective, controlled, multicentre cohort study.
Lancet. 2019 Oct 12;394(10206):1344-1351. doi: 10.1016/S0140-6736(19)31996-8. Epub 2019 Sep 2. - Rizas KD, Doller AJ, Hamm W, Vdovin N, von Stuelpnagel L, Zuern CS, Bauer A (2019).
Periodic repolarization dynamics as a risk predictor after myocardial infarction: Prospective validation study.
Heart Rhythm. 2019 Aug;16(8):1223-1231. doi: 10.1016/j.hrthm.2019.02.024. Epub 2019 Feb 26. - Rizas KD, Eick C, Doller AJ, Hamm W, von Stuelpnagel L, Zuern CS, Barthel P, Schmidt G, Bauer A. (2018)
Bedside autonomic risk stratification after myocardial infarction by means of short-term deceleration capacity of heart rate.
Europace. 2018 Jun 1;20(FI1):f129-f136. doi: 10.1093/europace/eux167 - Hamm W, Rizas KD, Stülpnagel LV, Vdovin N, Massberg S, Kääb S, Bauer A (2017)
Implantable cardiac monitors in high-risk post-infarction patients with cardiac autonomic dysfunction and moderately reduced left ventricular ejection fraction: Design and rationale of the SMART-MI trial.
Am Heart J. 2017 Aug;190:34-39. doi: 10.1016/j.ahj.2017.05.006. Epub 2017 May 19. - Rizas, KD; McNitt, S; Hamm, W; Massberg, S; Kääb, S; Zareba, W; Couderc, JP; Bauer, A (2017);
Prediction of sudden and non-sudden cardiac death in post-infarction patients with reduced left ventricular ejection fraction by periodic repolarization dynamics: MADIT-II substudy
Eur Heart J 2017; 38, 2110–2118 - Eick C, Rizas KD, Meyer-Zürn CS, Groga-Bada P, Hamm W, Kreth F, Overkamp D, Weyrich P, Gawaz M, Bauer A (2015)
Autonomic nervous system activity as risk predictor in the medical emergency department: a prospective cohort study.
Crit Care Med. 2015 May;43(5):1079-86. doi: 10.1097/CCM.0000000000000922. - Rizas, KD; Nieminen, T; Barthel, P; Zürn, CS; Kähönen, M; Viik, J; Lehtimäki, T; Nikus, K; Eick, C; Greiner, TO; Wendel, HP; Seizer, P; Schreieck, J; Gawaz, M; Schmidt, G; Bauer, A (2014)
Sympathetic activity-associated periodic repolarization dynamics predict mortality following myocardial infarction
J Clin Invest. 2014 Apr 1;124(4):1770-80 - Zuern, CS; Eick, C; Rizas, KD; Bauer, S; Langer, H; Gawaz, M; Bauer, A (2013)
Impaired cardiac baroreflex sensitivity predicts response to renal sympathetic denervation in patients with resistant hypertension
J Am Coll Cardiol 2013;62(22):2124-30 - Bauer, A; Barthel, P; Schneider, R; Ulm, K; Müller, A; Joeinig, A; Stich, R; Kiviniemi, A; Hnatkova, K; Huikuri, H; Schömig, A; Malik, M; Schmidt, G (2009)
Improved Stratification of Autonomic Regulation for risk prediction in post-infarction patients with preserved left ventricular function (ISAR-Risk)
Eur Heart J 2009;30(5):576-83 - Bauer A, Malik M, Schmidt G, Barthel P, Bonnemeier H, Cygankiewicz I, Guzik P, Lombardi F, Müller A, Oto A, Schneider R, Watanabe M, Wichterle D, Zareba W (2008)
Heart rate turbulence: standards of measurement, physiological interpretation, and clinical use: International Society for Holter and Noninvasive Electrophysiology Consensus.
J Am Coll Cardiol. 2008 Oct 21;52(17):1353-65. doi: 10.1016/j.jacc.2008.07.041. - Bauer, A; Kantelhardt, JW; Barthel, P; Schneider, R; Mäkikallio, T; Ulm, K; Hnatkova, K; Schömig, A; Huikuri, H; Bunde, A; Malik, M; Schmidt, G (2006)
Deceleration capacity of heart rate as a predictor of mortality after myocardial infarction: cohort study.
Lancet 2006;367(9523):1674-81.
Drittmittelförderung
- Ludwig Boltzmann Gesellschaft
- Österreichischer Wissenschaftsfond FWF
- ÖKG - Österreichische Kardiologische Gesellschaft
- Europäische Union