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Angiologie

Forschungsschwerpunkte Dr. Kirchmair und Dr. Theurl

Blutgefäßneubildung (Angiogenese) durch die Neuropeptide Secretoneurin und Catestatin

Proteine von neuroendokrinen Speichervesikel dienen (neben anderen Funktionen) auch als Vorstufe von biologisch aktiven Peptiden. So konnten wir nachweisen, dass aus einem dieser Proteine, Secretogranin II, das Neuropeptid Secretoneurin entsteht, das neben vielen anderen Effekten, auch zu einer Neubildung von Blutgefäßen führt. In Tiermodellen von Durchblutungsstörungen des Beines und des Herzens wurde in ischämischen Muskelzellen vermehrt Secretoneurin gebildet und die Gentherapie mit einem Secretoneurin Plasmid zeigte eine Verbesserung der Durchblutung durch Neubildung von Kapillaren und Arteriolen/Arterien. Dies war in der Beinischämie mit verminderten Gewebsdefekten und in der myokardialen Ischämie mit einer Verminderung der Infarktgröße und einer Verbesserung der Herzfunktion verbunden. Auch in Tiermodellen von Erkrankungen mit hohem vaskulärem Risiko, wie Hypercholesterinämie oder Diabetes Mellitus, waren diese positiven Effekte bei Durchblutungsstörungen nachweisbar. In Tiermodellen des Diabetes Mellitus Tyo II zeigte die Plasmid Gentherapie mit Secretoneurin auch positive Effekte auf Wundheilungsstörungen und der diabetischen Neuropathie. Mechanistisch scheint die stärkere Wirksamkeit von klassischen Wachstumsfaktoren wie Vascular Endothelial Growth Factor oder Basic Fibroblast Growth Factor durch verstärkte, Secretoneurin-induzierte Bindung dieser Faktoren an deren Rezeptoren, entscheidend zu sein.
Catestatin stellt ein ebenfalls ein Neuropeptid dar, das aus dem Vorläufermolekül Chromogranin A, einem weiteren Protein der neuroendokrinen Speichervesikel, gebildet wird. Auch Catestatin zeigte eine angiogenetische Wirkung, verbesserte die Beinischämie und war in der Wirkung teilweise vom Basic Fibroblast Growth Factor abhängig.
Die Behandlung von Durchblutungsstörungen mit angiogenetischen Faktoren scheint eine erfolgversprechende Therapiestrategie zu sein, klinische Studien mit Plasmiden waren aber zuletzt negativ. Neben Studiendesign und Patient:innenselektion dürfte auch die geringe Transfektionseffizienz von Plasmiden beim Menschen eine Rolle zu spielen. Wir möchten daher als eines unserer nächsten Projekte Gentherapie Vektoren für Secretoneurin und Catestatin auf Basis von Adeno-assoziierten Viren etablieren. Ein weiteres Projekt stellt die Erforschung von Secretoneurin-mediierten Effekten auf das lymphatische System dar. Schlussendlich untersuchen wir derzeit die Auswirkungen des Transkriptionsfaktors REST auf die Expression von Secretoneurin und Catestatin in Herz- und Skelett-Muskelzellen, Zelltypen die unter ischämischen Bedingungen diese Faktoren produzieren aber eigentlich keine neuroendokrinen Zellen darstellen.

Vaskuläre Effekte von Tyrosin-Kinase Inhibitoren

Tyrosin-Kinase Inhibitoren (TKI) haben die Therapie vieler Erkrankungen besonders jedoch der chronisch myeloischen Leukämie (CML) revolutioniert. Im Vergleich zur Standardtherapie mit Imatinib zeichnen sich neuere TKIs zur Behandlung dieser Erkrankung wie Nilotinib, Bosutinib oder Ponatinib durch stärkere Wirksamkeit teilweise auch bei sonst therapie-refraktären Mutationen aus. Nilotinib und Ponatinib weisen jedoch auch vermehrt kardiovaskuläre Nebenwirkungen wie periphere arterielle Verschlusskrankheit, Myokardinfarkt oder Apoplex auf. Wir untersuchten die Wirkung von Nilotinib auf vaskuläre Endothelzellen und Tiermodellen von Blutgefäßneubildung (Angiogenese; s.a. erstes Kapitel) und Atherosklerose. Nilotinib zeigte eine Dosis-abhängige Hemmung von Endothelzell-Proliferation, Inhibierung von Angiogenese und steigerte die Bildung von atherosklerotischen Plaques. Ponatinib hemmte bereits in sehr niedrigen Dosierungen die auch in Patient:innen erreicht werden die Endothelzell-Funktion, schränkte jedoch Angiogenese nur in geringem Ausmaß ein und führte zu keiner Zunahme atherosklerotischer Läsionen. Ponatinib bewirkte jedoch eine Veränderung der Vasomotorik und zeigte eine Hemmung der Vasorelaxation und stimulierte Vasokonstriktion. Zusammengefasst scheinen die vaskulären Nebenwirkungen von Nilotinib durch Stimulation der Atherosklerose und bei Ponatinib durch Vasospasmen verursacht zu werden. Durch diese Erkenntnisse könnte eine zielgerichtete Therapie bzw. Prophylaxe von vaskulären Nebenwirkungen durch diese Medikamente ermöglicht werden.

Klinische Schwerpunkte der Angiologischen Ambulanz

In der Angiologischen Ambulanz werden v.a. Patient:innen mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK) und venöser Thromboembolie (VTE) behandelt. Neben einer ausführlichen Anamnese und klinischen Untersuchung wird eine Sonographie der Gefäße zur Beurteilung von Gefäß-Stenosen oder –Verschlüssen (bei pAVK) bzw. zum Nachweis von venösen Thrombosen (bei VTE) durchgeführt. Bei pAVK Patient:innen erfolgt außerdem die Messung des Knöchel/Arm-Index, also des Blutdruckes an den Knöcheln verglichen zu den Armen, einem sehr sensitiven Marker zur Diagnose dieser Erkrankung. Falls eine pAVK oder VTE diagnostiziert wird erfolgt in der Angiologischen Ambulanz eine Beratung über Allgemeinmaßnahmen und die medikamentöse Therapie, also die Sekundärprohylaxe bei pAVK (Cholesterinsenkung, ggf. Thrombozytenaggregationshemmer, Therapie einer arteriellen Hypertonie bzw. eines Diabetes Mellitus) bzw. einer Antikoagulation bei VTE. Es werden regelmäßige Kontrolltermine zur Adaptierung der Therapie (z.B. Dauer und Dosierung einer Antikoagulation bei VTE) vereinbart. Falls eine weiterführende endovaskuläre oder operative Therapie erfolgen soll wird die/der Patient:in der Radiologie bzw. der Gefäßchirurgie zugewiesen.
Häufig werden auch Untersuchungen der Halsgefäße (Carotis und Vertebralis Arterie) insbesondere vor herzchirurgischen Operationen durchgeführt. Bei hochgradigen Stenosen oder bei unklarer neurologischer Symptomatik erfolgt die Zuweisung an die Neurologie.
Ein weiterer Schwerpunkt stellt die Untersuchung von Komplikationen arterieller Punktionen zum Ausschluss von Hämatomen, Pseudoaneurysmen, Blutgefäßverschlüssen und AV-Fisteln dar.
Seltenere Krankheitsbilder die an der Angiologischen Ambulanz behandelt werden sind Blutgefäßentzündungen (Vaskulits) der großen Gefäße, Aneurysmen, Raynaud Phänomen, oberflächliche Venenthrombosen, Thrombosen der oberen Extremität, Nierenarterienstenosen und Stenosen der viszeralen Arterien.
Einen weiteren Schwerpunkt der Angiologischen Ambulanz stellt die Wundambulanz dar, an der, gemeinsam mit speziell geschultem Pflegepersonal, Patient:innen mit chronischen Wunden auf dem Boden venöser Insuffizienz, pAVK, diabetischer Neuropathie oder gemischter Genese behandelt werden.

Ausgewählte Publikationen

  • Theurl M, Schgoer W, Albrecht-Schgoer K, Lener D, Wolf D, Wolf M, Demetz E, Tymoszuk P, Tancevski I, Fischer-Colbrie R, Franz WM, Marschang P, Kirchmair R (2015) Secretoneurin gene therapy improves hind limb and cardiac ischaemia in Apo E-/- mice without influencing systemic atherosclerosis. Cardiovasc Res.105:96-106.
  • Albrecht-Schgoer K, Barthelmes J, Schgoer W, Theurl M, Nardin I, Lener D, Gutmann C, Dünnhaupt S, Bernkop-Schnürch A, Kirchmair R. (2017) Nanoparticular delivery system for a secretoneurin derivative induces angiogenesis in a hind limb ischemia model. J Control Release. 250:1-8.
  • Hadzijusufovic E, Albrecht-Schgoer K, Huber K, Hoermann G, Grebien F, Eisenwort G, Schgoer W, Herndlhofer S, Kaun C, Theurl M, Sperr WR, Rix U, Sadovnik I, Jilma B, Schernthaner GH, Wojta J, Wolf D, Superti-Furga G, Kirchmair R, Valent P (2017) Nilotinib-induced vasculopathy: identification of vascular endothelial cells as a primary target site. Leukemia. doi: 10.1038/leu.2017.245. [Epub ahead of print].
  • Theurl M, Lener D, Albrecht-Schgoer K, Beer A, Schgoer W, Liu Y, Stanzl U, Fischer-Colbrie R, Kirchmair R. (2018) Gene therapy with the angiogenic neuropeptide secretoneurin ameliorates experimental diabetic neuropathy. FASEB J. 32(9):4815-4823.
  • Gollmann-Tepeköylü C, Lobenwein D, Theurl M, Primessnig U, Lener D, Kirchmair E, Mathes W, Graber M, Pölzl L, An A, Koziel K, Pechriggl E, Voelkl J, Paulus P, Schaden W, Grimm M, Kirchmair R, Holfeld J. (2018) Shock Wave Therapy Improves Cardiac Function in a Model of Chronic Ischemic Heart Failure: Evidence for a Mechanism Involving VEGF Signaling and the Extracellular Matrix. J Am Heart Assoc.16;7(20):e010025.
  • Zehetner C, Bechrakis NE, Stattin M, Kirchmair R, Ulmer H, Kralinger MT, Kieselbach GF (2015) Systemic counterregulatory response of placental growth factor levels to intravitreal aflibercept therapy. Invest Ophthalmol Vis Sci. 56:3279-86.
  • Feistritzer HJ, Klug G, Reinstadler SJ, Gröber MT, Mair J, Kirchmair R, Henninger B, Franz WM, Metzler B. (2015) Fetuin-A is related to infarct size, left ventricular function and remodelling after acute STEMI. Open Heart. 2:e000244.
  • Holfeld J, Tepeköylü C, Reissig C, Lobenwein D, Scheller B, Kirchmair E, Kozaryn R, Albrecht-Schgoer K, Krapf C, Zins K, Urbschat A, Zacharowski K, Grimm M, Kirchmair R, Paulus P. (2016) Toll-like receptor 3 signalling mediates angiogenic response upon shock wave treatment of ischaemic muscle. Cardiovasc Res. 109:331-43.
  • Reindl M, Reinstadler SJ, Feistritzer HJ, Mueller L, Koch C, Mayr A, Theurl M, Kirchmair R, Klug G, Metzler B. (2017) Fibroblast growth factor 23 as novel biomarker for early risk stratification after ST-elevation myocardial infarction. Heart 103:856-862.
  • Valent P, Hadzijusufovic E, Hoermann G, Füreder W, Schernthaner GH, Sperr WR, Kirchmair R, Wolf D. (2017) Risk factors and mechanisms contributing to TKI-induced vascular events in patients with CML. Leuk Res. 59:47-54.
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  • Brenner C, Fuehring R, Niederseer D, Kirchmair R, Haid C, Liebensteiner M. (2018)Driving ability after right-sided puncture of the common femoral artery during coronary angiography. Clin Res Cardiol. 107(10):881-886.
  • Noflatscher M, Schreinlechner M, Sommer P, Kerschbaum J, Berggren K, Theurl M, Kirchmair R, Marschang P. (2018) Influence of Traditional Cardiovascular Risk Factors on Carotid and Femoral Atherosclerotic Plaque Volume as Measured by Three-Dimensional Ultrasound. J Clin Med. 31;8(1) doi: 10.3390/jcm8010032.
  • Schreinlechner M, Noflatscher M, Kremser C, Steiger R, Grömer J, Theurl M, Kirchmair R, Mayr A, Marschang P. (2019) A Large Bifurcation Angle Is Strongly Associated With Increased Plaque Volume and Plaque Progression. JACC Cardiovasc Imaging. pii: S1936-878X(19)30456-5. doi: 10.1016/j.jcmg.2019.05.006
  • Gollmann-Tepeköylü C, Pölzl L, Graber M, Hirsch J, Nägele F, Lobenwein D, Hess MW, Blumer MJ, Kirchmair E, Zipperle J, Hromada C, Mühleder S, Hackl H, Hermann M, Khamisi HA, Förster M, Lichtenauer M, Mittermayr R, Paulus P, Fritsch H, Bonaros N, Kirchmair R, Sluijter JPG, Davidson S, Grimm M, Holfeld J. (2019) miR-19a-3p containing exosomes improve function of ischemic myocardium upon shock wave therapy. Cardiovasc Res. 2019 Aug 13. pii: cvz209. doi: 10.1093/cvr/cvz209.
  • Saussele S, Haverkamp W, Lang F, Koschmieder S, Kiani A, Jentsch-Ullrich K, Stegelmann F, Pfeifer H, La Rosée P, Goekbuget N, Rieger C, Waller CF, Franke GN, le Coutre P, Kirchmair R, Junghanss C. (2019) Ponatinib in the Treatment of Chronic Myeloid Leukemia and Philadelphia Chromosome-Positive Acute Leukemia: Recommendations of a German Expert Consensus Panel with Focus on Cardiovascular Management. Acta Haematol. doi: 10.1159/000501927.